„DIE WELT ALS VEXIERBILD;
RECHTFERTIGUNGSPROBLEME DES ONTOLOGISCHEN RELATIVISMUS“
Diss. Graz/Philadelphia 2001

„Die Welt als Vexierbild“ ist eine systematische philosophisch/kulturanthropologische Abhandlung, in der moderne Formen des ontologischen Relativismus untersucht werden. Der folgende Text ist eine überarbeitete Version meiner Dissertation, die ich zwischen 1997 und 2001 bei Peter Strasser, Rudolf Haller (Graz) und Joseph Margolis (Philadelphia) verfasst habe.

Der ontologische Relativismus in seiner unspezifizierten Stoßrichtung besagt, dass die uns vertraute Wirklichkeit lediglich eine von zahlreichen möglichen Wirklichkeitskonstruktionen sei, dass es je nach kulturellem, historischem, sprachlichem, paradigmatischem oder weltanschaulichem Kontext mehrere fundamentale Objektbereiche, Gegenstandsklassen oder Mengen von Wirklichkeitspostulaten, kurz, mehrere „Welten“ gebe. Der ontologische Relativist glaubt, dass jene verschiedenen Kontexte diese Welten mitkonstituieren – vielleicht nicht vollständig, aber wesentlich – und er glaubt daher auch, dass die Behauptung einer absoluten, kontextunabhängigen Wirklichkeit zurückzuweisen ist.

Was spricht dafür, solche Vorbehalte gegenüber der Annahme einer Kontext-unabhängigen Wirklichkeit ernst zu nehmen? Gelingt uns nicht ohnehin in den meisten Bereichen des alltäglichen Lebens ein Wirklichkeitsbezug auf eine elegante Weise und mit beruhigender Sicherheit? Oder sollten wir doch auf die Warnungen des Relativisten hören, der einen dringenden Verdacht hegt: dass ontologischer Absolutismus im Allgemeinen und ontologischer Realismus, Objektivismus und Naturalismus im Besonderen zu den hartnäckigsten „Idolen des neuzeitlichen Stammes“ zu zählen sind?

Die vorliegende Arbeit untersucht moderne Formen des ontologischen Relativismus hinsichtlich ihrer Begründungsdefizite. Obwohl neuere Beiträge einiger prominenter Autoren (z.B. H. Putnam, J. Margolis, M. Krausz oder I. Hacking) gezeigt haben, dass der ontologische Relativismus in bestimmter Form durchaus konsistent sein kann, ist es in weiten Teilen der analytischen und kontinentalen Philosophie immer noch üblich, die populären und radikalisierten Zerrbilder dieser Position zum Anlass zu nehmen, den Relativismus insgesamt zu diskreditieren.

Durch eine Analyse der verschiedenen Varianten des ontologischen Relativismus und einiger seiner Teilthesen und Voraussetzungen soll in dieser Arbeit gezeigt werden, welche Formen und Thesen die gängige Kritik trifft, und welche Elemente im speziellen vermieden werden müssen, damit eine relativistische Position in der Ontologie sowohl konsistent als auch fruchtbar ist. Die Arbeit enthält vorbereitende begriffliche Untersuchungen und eine systematische Diskussion. Im Rahmen der Diskussion unterscheide ich zwei Formen, den „deskriptiven ontologischen Relativismus“ und den „engagierten ontologischen Relativismus“.

Genauer behandelt werden Beiträge v.a. von P. Feyerabend, N. Goodman, S. Körner, P. Strasser, D. Davidson, R. Shweder und R. Rorty. Einen besonderen Stellenwert im Rahmen der kritischen Untersuchungen hat das Problem der Inkonsistenz durch Selbstanwendung sowie die Frage nach theorieimmanenten und normativen Interessen und Ziele, die eine relativistische Position wünschenswert (oder unerwünscht) erscheinen lassen.

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